Fünf Fragen an Dr. Katja Göcke
Rechtsanwältin bei GvW – Graf von Westphalen
Am 22. März 2021 (12 bis 13 Uhr) ist Frau Dr. Katja Göcke der achte Gast in unserer Gesprächsreihe “Völkerrechtslunches“. Frau Dr. Katja Göcke ist Rechtsanwältin bei GvW – Graf von Westphalen.
In insgesamt zwölf Online-Gesprächsterminen laden wir völkerrechtliche Expert*innen aus der Praxis zu einstündigen Gesprächen ein, in welchen sie in ihren Werdegang sowie ihre jetzige Tätigkeit Einblick gewähren. Anschließend haben Studierende und andere Interessierte die Gelegenheit, Fragen zu Karriere und Tätigkeit zu stellen (der Veranstaltungshinweis und das Programm sowie die Zugangsdaten für Zoom finden sich hier).
Bereits im Vorfeld stand Frau Dr. Göcke uns Rede und Antwort:
Warum haben Sie sich für eine völkerrechtliche Karriere entschieden?
Schon während des Studiums haben mir die Lehrveranstaltungen im Völker- und Europarecht am meisten Freude bereitet, und ich habe meine Wahlfächer und Seminare fast ausschließlich in diesem Bereich absolviert und im Ersten Juristischen Staatsexamen schließlich Völker- und Europarecht als Schwerpunktbereich gewählt. Während meines anschließenden LL.M.-Studiums an der University of Sydney mit dem Schwerpunkt „International Law“ habe ich meine Kenntnisse im Völkerrecht vertieft. Nach Beendigung meines Referendariats habe ich mich entschieden, im Völkerrecht zu promovieren. Promotionsbegleitend war ich als Referentin am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg tätig, was es mir ermöglichte, vertiefte Einblick in die verschiedensten Bereiche des Völker- und Europarechts zu erwerben. Auch nach Abschluss meiner Promotion wollte ich gerne in diesem Bereich tätig bleiben. Diesen Wunsch konnte ich durch meine Tätigkeit als Rechtsanwältin im Bereich Zoll- und Außenhandelsrecht verwirklichen.
Was macht das Völkerrecht für Sie besonders?
Besonders spannend ist für mich die große Aktualität meiner rechtlichen Tätigkeit. Vieles, was heute in der Zeitung steht, landet kurze Zeit später auf meinem Schreibtisch – seien es die Folgen des Brexit oder die Auswirkungen neuer sanktions- oder embargorechtlicher Beschränkungen gegen bestimmte Länder oder Personen. Des Weiteren gefällt mir, dass ich – anders als dies in traditionellen Rechtsgebieten der Fall ist, die oftmals sehr national geprägt sind – in meinem Rechtsgebiet sehr viel mit Kollegen aus anderen Ländern zusammenarbeite. So haben etwa die exportkontrollrechtlichen Beschränkungen der USA in vielen Fällen auch Auswirkungen auf EU-Unternehmen. Diese internationale Zusammenarbeit mit Kollegen aus unterschiedlichen Rechtskulturen finde ich sehr faszinierend.
Was ist die größte Herausforderung für das Völkerrecht im 21. Jahrhundert?
Die größte Herausforderung für das Völkerrecht im 21. Jahrhundert besteht meines Erachtens darin, die Akzeptanz für völkerrechtliche Verpflichtungen zu stärken und die Staats- und Regierungschefs, aber auch den Einzelnen davon zu überzeugen, dass auf lange Sicht Frieden, Stabilität und Wohlstand nur im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit möglich sind. Durch den Rückzug der USA aus internationalen Abkommen unter Präsident Trump, die einseitige (und völkerrechtswidrige) Ausweitung des US-Rechts auf extraterritoriale Sachverhalte aber auch durch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU wurde das Vertrauen in die internationale Zusammenarbeit nachhaltig erschüttert. Dieses Vertrauen gilt es wiederherzustellen.
Welche (überraschende) Fähigkeiten benötigen Sie für Ihren Beruf?
Wenig überraschend ist eine sehr gute Kenntnis der englischen Sprache für mein Rechtsgebiet sehr wichtig; ungefähr die Hälfte meiner rechtlichen Tätigkeit erfolgt auf Englisch. Zudem ist es sehr wichtig, sich in andere Rechtskulturen eindenken zu können und sich in ihnen – zumindest rudimentär – zurechtzufinden. Ich halte im Rahmen meiner juristischen Tätigkeit zudem viele Seminare bzw. Webinare zu verschiedenen Bereichen des Zoll- und Außenhandelsrechts. Die Fähigkeit, vor einem größeren Publikum über einen längeren Zeitraum frei sprechen zu können, ist daher ebenfalls von großer Bedeutung.
Was würden Sie Ihrem 20-jährigen ich gerne sagen?
Ich würde meinem 20-jährigen Ich auf jeden Fall raten, sich auf den Bereich Völker- und Europarecht zu konzentrieren, wenn es Jura studieren möchte. Für mich ist und bleibt das Völker- und Europarecht das spannendste Rechtsgebiet.
Assessor Lukas Kleinert, Master Droit, LL.M. war bis vor kurzem Rechtsreferendar am OLG Hamburg. Er ist seit 2018 Mitglied der Redekation des Völkerrechtsblogs.
Matthias C. Kettemann ist Forschungsprogrammleiter am Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI), Forschungsgruppenleiter am Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin und am Sustainable Computing Lab der Wirtschaftsuniversität Wien und Vertretungsprofessur für Völkerrecht an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.