Foto: © Pušija, ECCHR

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Fünf Fragen an RA Wolfgang Kaleck

Fachanwalt für Strafrecht und Generalsekretär des ECCHR

01.02.2021

Am 08. Februar 2021 (12 bis 13 Uhr) ist Herr Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck der vierte Gast in unserer Gesprächsreihe “Völkerrechtslunches“. Herr Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Generalsekretär des 2007 von ihm und anderen Anwält*innen gegründeten European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin.

In insgesamt zwölf Online-Gesprächsterminen laden wir völkerrechtliche Expert*innen aus der Praxis zu einstündigen Gesprächen ein, in welchen sie in ihren Werdegang sowie ihre jetzige Tätigkeit Einblick gewähren. Anschließend haben Studierende und andere Interessierte die Gelegenheit, Fragen zu Karriere und Tätigkeit zu stellen (der Veranstaltungshinweis und das Programm sowie die Zugangsdaten für Zoom finden sich hier). 

Bereits im Vorfeld stand Herr Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck uns Rede und Antwort:

 

Warum haben Sie sich für eine völkerrechtliche Karriere entschieden?

Ich würde meinen eigenen Berufsweg nicht als eine völkerrechtliche Karriere bezeichnen – im Gegenteil: Als ich in den 80er Jahren an der Universität Bonn studierte, habe ich zwar Völkerrechtvorlesungen belegt, hatte aber seinerzeit keine Hoffnung, außerhalb der damals einzig vorgesehenen internationalrechtlichen Karrieren als Diplomat oder Wirtschaftsanwalt in dem Feld irgendwie tätig zu werden. Selbst während eines Aufenthaltes als Rechtsreferendar bei der Guatemaltekischen Menschenrechtskommission, die damals im mexikanischen Exil arbeitete, war für mich nicht absehbar, dass ich überhaupt in diesem Bereich beruflich/anwaltlich tätig werden könnte. Erst mit Aufnahme meiner Tätigkeit als Anwalt für die Koalition gegen Straflosigkeit und die anschließenden Verfahren gegen Militärs wegen der argentinischen Diktaturverbrechen 1976 bis 1983 in den Jahren ab 1998 und dann mit der Gründung des ECCHR 2007, spielten das Völkerrecht und später das Völkerstrafrecht eine größere Rolle in meiner beruflichen Tätigkeit

 

Was macht das Völkerrecht für Sie besonders?

Das Völkerrecht mag, wie Martti Koskenniemi es ausdrückt, zivilisierend wirken, war aber auf der anderen Seite immer auch Teil der Legitimation des imperialistisch-kolonialen Projektes, wie Antony Anghie es formuliert. Spannend fand ich daher weniger diesen ambivalenten Rechtskorpus als vielmehr das internationale Feld.

 

Was ist die größte Herausforderung für das Völkerrecht im 21. Jahrhundert?

Die neuerliche Erosion des Völkerrechts geht nicht nur auf die gewohnte Ignoranz von Russland und anderen autoritären Regimen gegenüber völkerrechtlichen Normen zurück. Vielmehr wurde auch die Bigotterie des Westens in den letzten 10 – 20 Jahren so deutlich, dass viele Staaten die westliche Haltung so lange mit dem Völkerrecht kooptierten, wie es den Interessen nützt.

 

Welche (überraschende) Fähigkeiten benötigen Sie für Ihren Beruf?

Bei meiner jetzigen Berufstätigkeit bedarf es eines politischen und intellektuellen Einschätzungsvermögens sowie kommunikativer Fähigkeiten – und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass mir die Universität diese Qualitäten eher nicht vermittelt hat.

 

Was würden Sie Ihrem 20-jährigen ich gerne sagen?

Mir liegt es fern, heutigen Jurastudent*innen irgendwelche Ratschläge zu geben. Aber anschließend an meine erste Antwort: Für mich war wichtig, dass ich mir die Inhalte, die mich interessieren, selbst und gemeinsam mit anderen auch außerhalb der Universität angeeignet habe und im Übrigen offen für nicht vorhersehbare Veränderungen unseres beruflichen Feldes war.

Autor/in
Lukas Kleinert

Assessor Lukas Kleinert, Master Droit, LL.M. war bis vor kurzem Rechtsreferendar am OLG Hamburg. Er ist seit 2018 Mitglied der Redekation des Völkerrechtsblogs.

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Matthias C. Kettemann

Matthias C. Kettemann ist Forschungsp­rogrammleiter am Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI), Forschungsgruppenleiter am Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin und am Sustainable Computing Lab der Wirtschaftsuniversität Wien und Vertretungsprofessur für Völkerrecht an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

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