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Noch einen Nachschlag gefällig?

Der Vorschlag der Bundesregierung zu einer Interpretationserklärung zum CETA-Abkommen und deren Auswirkungen auf die Handelspolitik

30.11.2022

Deutschlands Wohlstand und soziale Sicherheit war und ist unmittelbar verbunden mit einem möglichst freien Austausch von Waren, Dienstleistungen und Kapital nicht nur im Binnenmarkt, sondern auch mit Staaten außerhalb der Europäischen Union. Rund 25 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland hängen am Export – 2,4 Prozent am direkten und indirekten Export nach China. Gerade das Konzept einer offenen Marktwirtschaft ist jedoch in den letzten Jahren durch die sich immer stärker ausprägende Rivalität der Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China unter Druck geraten. Die mit einem offenen Markt einhergehenden Abhängigkeiten werden zunehmend kritisch betrachtet, auch in Deutschland, wie der kontrovers begleitete Antrittsbesuch des Bundeskanzlers am 04. November 2022 in China vor Augen führt. Während insbesondere das Verhältnis zu China unter Gesichtspunkten der Resilienz und der Entflechtung diskutiert wird, sollte es mit Blick auf Volkswirtschaften, mit denen wir gesellschafts- wie wirtschaftspolitische Grundwerte weitestgehend teilen, eigentlich darum gehen, den Austausch zu vertiefen, um Kosten einer stärkeren Entkoppelung von weniger gleichgesinnten Volkswirtschaften zumindest teilweise aufzufangen (Matthes, 2022).

Allerdings führt das EU-Kanada-Handelsabkommen gerade lehrstückartig vor Augen, dass auch die Vertiefung der Beziehungen zwischen Partnern und Freunden alles andere als reibungslos verläuft – trotz der voraussichtlichen deutschen Ratifizierung am 1.12.2022.

Nach zähem Ringen in Politik und Justiz über das 2016 unterzeichnete Abkommen fiel mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9.02.2022 die vermeintlich letzte Hürde vor der nun anstehenden Zustimmung des Bundestages und -rates. Jedoch liegt zwischen Anhängigkeit des BVerfG-Verfahrens im Jahre 2016 und Entscheidung ein Regierungswechsel, der mit einem Wechsel der Leitlinien der deutschen Handelspolitik (nochmals bekräftigt durch eine Weiterentwicklung vom 11.11.2022) einherging. Einmal mehr soll der Investitionsschutz nun weniger „missbrauchsanfällig“ gestaltet werden. Der Schutz des Eigentums sei auf die Verhinderung von direkten Enteignungen und Diskriminierungen zu konzentrieren (S. 3) – explizit auch mit Blick auf das CETA-Abkommen.

Die politische Umsetzung dieser Ziele gestaltet sich freilich alles andere als einfach, steht dem Konzept der Regierungskoalition eines „Eigentumsschutzes light“ doch der bereits unterschriebene Vertragstext entgegen, der zudem durch manche Vertragsparteien bereits ratifiziert wurde. Mittel der Wahl der Bundesregierung ist daher, einen im CETA-Abkommen selbst vorgesehenen Beschluss des sog. Gemischen Ausschusses herbeizuführen, um die als besonders neuralgisch verstandenen Bestimmungen des Investitionsschutzes die „Kanten zu nehmen“. Namentlich handelt es sich hierbei um das Gebot der fairen und gerechten Behandlung (Art. 8.10 des CETA-Abkommens), den Begriff der indirekten Enteignung (Art. 8.12 des CETA- Abkommens) und die Berechnung des monetären Schadens (Art. 8.39.3 des CETA-Abkommens).

Im Folgenden soll aufgezeigt werden, dass die angestrebte Interpretationserklärung – nach Zustimmung im EU-Kreis laufen letzte Finalisierungsgespräche mit Kanada – die regulatorischen Spielräume, die das CETA-Abkommen bereits selbst einräumt, nicht erweitert. Zudem ist zu erwarten, dass die noch ausstehenden CETA-Ratifizierungsprozesse in den übrigen Mitgliedsstaaten aufgrund der mit der Annahme der Interpretationserklärung verbundenen politischen wie rechtlichen Unwägbarkeiten womöglich weiter verzögert wird – mit all seinen politischen und wirtschaftlichen Konsequenzen (Felbermayer), die angesichts der aktualisierten geopolitischen und -ökonomischen Lage noch schwerer wiegen werden. Die Bundesregierung muss sich die Frage gefallen lassen, welchen Preis sie bei Partnern in Europa und Übersee für ihre sehr späten Nachforderungen in Form von Zugeständnissen auf anderen Feldern zu zahlen bereit war und welche langfristigen Folgen eine derartige „Nachschlagsmentalität“ auf die Außenhandelspolitik haben wird.

Stand des Ratifikationsprozesseses in den übrigen Mitgliedsstaaten

Bis dato haben 16 der 27 Mitgliedsstaaten das CETA-Abkommen ratifiziert, namentlich Dänemark, Estland, Finnland, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Spanien und die Tschechische Republik.

In den Mitgliedsstaaten, in denen die Ratifikation noch aussteht, ist der Prozess gegenwärtig mangels ausreichender politischer Mehrheiten in den zuständigen Vertretungskörperschaften ins Stocken geraten (so in Belgien, Bulgarien, Frankreich und Zypern) bzw. wurde bereits nicht angestoßen (Griechenland, Italien, Irland, Polen, Slowenien und Ungarn). Besondere politische bzw. rechtliche Hürden bestehen derzeit in Zypern – das zypriotische Repräsentantenhaus lehnte das Abkommen am 30.09.2020 ab, ohne dies aber der EU zu notifizieren – und in Irland – hier hat der irische Supreme Court eine Ratifizierung für nicht mit der irischen Verfassung vereinbar befunden, aber gleichwohl angedeutet, dass der Konflikt durch einfachgesetzliche Änderungen entschärft werden könnte.

(Völker-)Rechtliche Natur von Interpretationserklärungen und Bedeutung im CETA-Abkommen

Bei der vorgeschlagenen Interpretationserklärung nach Art. 26.1 Abs. 5 lit. e des CETA-Abkommens handelt es sich völkervertragsrechtlich um eine Übereinkunft „zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrags oder die Anwendung seiner Bestimmungen” i.S.v. Art. 31 Abs. 3 lit. a der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK). Zulässige Interpretationserklärungen – in Abgrenzung zu Vertragsänderungen nach Art. 39 der WVK – nehmen Ergebnisse von Interpretationsvorgängen vorweg, ohne die Grenzen der allgemeinen Interpretationsmittel zu überschreiten. Die äußere Grenze ist auch hier der Wortlaut. Die Ziele der Vertragsparteien sind klar: einer zu heterogenen Auslegung durch die zuständigen Vertragsorgane entgegenwirken, Rechtsklarheit erzeugen und, vor allem im Kontext von Investitionsschutzabkommen, eine schleichende Erosion der staatlichen Souveränität verhindern. Auch deshalb stellen Interpretationserklärungen unter dem CETA-Abkommen nicht nur, wie in der WVK vorgesehen, einen (von mehreren) im Rahmen des Auslegungsvorgangs berücksichtigungsfähigen Faktor dar. Ausweislich Art. 26.3 Abs. 2 und Art. 8.31 Abs. 3 sind Interpretationserklärungen verbindlich – sowohl für die Vertragsparteien als auch die durch das CETA-Abkommen eingerichteten Investitionsschutzgerichte.

Die Beschlussfassung über Interpretationserklärungen obliegt unter dem CETA-Abkommen dem Gemischten Ausschuss (Art. 26.1 Abs. 5 lit. e) und erfolgt nach dessen Verfahrensordnung einvernehmlich. Anders als bei Vertragsänderungen – hierfür fehlt dem Gemischten Ausschuss zumindest im Bereich des Investitionsschutzes die Kompetenz – ist damit nach Maßgaben des CETA-Abkommens nicht die Zustimmung jedes EU-Mitgliedsstaates erforderlich, da lediglich Kanada und die EU im vorgenannten Ausschuss vertreten sind. Unionsrechtlich wird zumindest während der vorläufigen Anwendbarkeit die Beteiligung eines jeden Mitgliedsstaates sichergestellt: die Beschlussfassung über den Standpunkt der Unionsvertreter bei Beschlüssen des Gemischten Ausschuss im Rat erfolgt – in Abweichung zu Art. 218 Abs. 9 AEUV i.V.m. Art. 16 Abs. 3 EUV – einstimmig.

„Eigentumsschutz light“ durch die Interpretationserklärung im Rahmen des Gebots der gerechten und billigen Behandlung?

Das Spektrum zulässiger staatlicher Eingriffe in das Eigentum und die Geschäftstätigkeit von Investoren im Rahmen des CETA-Abkommens geht weit über das im Investitionsschutzrecht Übliche hinaus. Art. 8.10 Abs. 2 des CETA-Abkommens benennt abschließend Tatbestände, deren Verwirklichung einen Verstoß gegen das Gebots der gerechten und billigen Behandlung darstellt. Damit weicht es von der investitionsschutzrechtlichen Regelungspraxis ab, die zumeist generalklauselartig gerechte und billige Behandlung gewährt. Ausweislich des Tatbestandskataloges sind Verstöße zukünftig auf Fälle offensichtlich willkürlicher oder diskriminierender Maßnahmen – namentlich die grundlegende Verletzung des rechtsstaatlichen Verfahrens, die Rechtsverweigerung in gerichtlichen Verfahren, offenkundige Willkür oder die gezielte Diskriminierung aus offenkundig ungerechtfertigten Gründen – und ein Minimum an Vertrauensschutz (Art. 8.10 Abs. 4) beschränkt. Mit Blick auf die gesetzgeberische Gestaltungsmacht bleibt das CETA- Abkommen damit sogar hinter den verfassungsrechtlichen Schutzstandards zurück.

Dieser restriktive Ansatz geht zumindest der Bundesregierung nicht weit genug. Ihr Entwurf der Interpretationserklärung versucht, unvermeidliche unbestimmte Rechtsbegriffe in den einzelnen Tatbeständen weiter zu präzisieren, um den Auslegungsspielraum der CETA-Gerichte zu reduzieren. Zweifelhaft ist jedoch, ob sie damit dem Ziel, sprachliche oder teleologische Zweideutigkeiten zu beseitigen oder jedenfalls zu verringern, näherkommt. Die Interpretationserklärung definiert unbestimmte Rechtsbegriffe ihrerseits durch unbestimmte Rechtsbegriffe. So soll „offenkundige Willkür“ nach Art. 8.10 Abs. 2 lit. c des CETA-Abkommens vorliegen, wenn eine Maßnahme diejenigen Gründe, auf die sie sich stützt, nicht benennt; sie offensichtlich nicht auf Gründen oder Tatsachen beruht; sie auf unangemessener Ermessensausübung, Vorurteilen oder persönlichen Vorlieben beruht; oder sie unter vorsätzlicher Missachtung eines ordnungsgemäßen Verfahrens ergangen ist. Zudem versucht die Interpretationserklärung, sprachliche oder teleologische Zweideutigkeiten zu beseitigen, wo solche kaum bestehen. Keine Rechtsverweigerung i.S.v. Art. 8.10 Abs. 2 lit. a des CETA- Abkommens soll beispielweise vorliegen, wenn Rechtsbehelfe eines Investors in einem innerstaatlichen Verfahren scheitern. Es entspricht jedoch bereits jetzt gängiger Schiedspraxis, solche Konstellationen nicht als “Rechtsverweigerung” bzw. Bruch des Gebots der gerechten und billigen Behandlung anzusehen. Trotz fehlendem stare decisis ist kaum erwartbar, dass die Gerichte des CETA-Abkommens davon abweichen werden.

Schließt die Interpretationserklärung einen Schutz der Investoren vor indirekten Enteignungen aus?

Das CETA-Abkommen schützt Investoren in begrenzten Ausnahmefällen auch vor indirekter Enteignung (Art. 8.12 Abs. 1 des CETA-Abkommen). Dies sei nach Ansicht der Bundesregierung und bestimmter zivilgesellschaftlicher Gruppierungen eine erhebliche Einschränkung des sog. „right to regulate“ (so etwa auch Violi). In zukünftigen Investitionsschutzabkommen soll nach Ansicht der Bundesregierung daher auf einen Schutz vor indirekter Enteignung gänzlich verzichtet werden. Für das CETA-Abkommen sieht das Eckpunktepapier eine „Fokussierung“ auf den Schutz vor direkten Enteignungen vor. Eine völlige Abkehr vom Schutz vor indirekten Enteignungen kann die Interpretationserklärung angesichts des klaren Wortlauts des Abkommens bereits konzeptionell nicht leisten.

Für die Feststellung einer indirekten Enteignung existiert kein Schema F. Ob einer staatlichen Maßnahme eine enteignungsgleiche Wirkung zukommt, erfordert eine fallweise, faktenbasierte Abwägung. Eine solche Abwägungsentscheidung bringt naturgemäß Auslegungsspielräume mit sich. Der verbindliche Anhang 8-A Abs. 3 des CETA-Abkommens enthält allerdings bereits Konkretisierungen, die diese Spielräume erheblich einhegen. Sie zielen darauf ab, das „right to regulate“ des Gaststaates zu wahren. Bei Maßnahmen, die zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit oder der Umwelt getroffen werden, gilt die widerlegbare Vermutung, dass sie keine indirekte Enteignung darstellen. Nur Maßnahmen, die in Anbetracht ihres Ziels offenkundig exzessiv sind, könnten eine indirekte Enteignung darstellen. Damit wird eine Art Verhältnismäßigkeitsprüfung bzw. eher noch eine bloße Willkürkontrolle eingeführt. Da nur „offenkundig übermäßige“ Maßnahmen eine indirekte Enteignung darstellen, lässt das CETA-Abkommen der Regierung einen erheblichen politischen Spielraum. Die Folgen dieses „neuen“ Ansatzes sind noch unbekannt, könnten jedoch tatsächlich den Eigentumsschutz deutlich reduzieren. Einen Mehrwert gegenüber diesen bereits vorhandenen Schutzmechanismen gegen einen Missbrauch schafft die Interpretationserklärung nicht. Präzisierungsversuche erstrecken sich auf die nicht einmal zwingend zu berücksichtigen Abwägungsfaktoren.

„Greening” des CETA-Abkommens durch die Interpretationserklärung?

Ein nachhaltiger Umwelt- und Klimaschutz ist von überragender Bedeutung und findet daher auch im CETA-Abkommen Berücksichtigung: im Rahmen der Vorschriften zu Gunsten des Schutzes des öffentlichen Interesses sowie als regulatorisches Interesse i.S.d. des „right to regulate“. (vgl. etwa Art. 8.9 des CETA- Abkommens, Ziff. 6, 8 und 11 der Präambel des CETA-Abkommens).

Richtig ist, dass sich Art. 8.9 des CETA-Abkommens mit der Anerkennung von regulatorischen Belangen als legitime Abwägungsfaktoren begnügt, ohne die Abwägung mit den Belangen des Investors verbindlich im Sinne eines Optimierungsgebots zu Gunsten regulatorischer Interessen vorstrukturiert oder gar zu privilegieren. Auch die Empfehlung des Gemischten Ausschusses vom 26.09.2018, die ein Bekenntnis der Vertragsparteien zum Übereinkommen von Paris und den von den Vertragsparteien übernommenen Pflichten zum Gegenstand hat, geht über diese Anerkennung nicht hinaus. Hier letzte Gewissheit zu schaffen, würde abermals die Funktion der Interpretationserklärung überstrapazieren. Denn eine teilweise Vorwegnahme der Abwägungsentscheidung – regelungstechnisch etwa über ein Optimierungsgebot zugunsten des Klimaschutzes zu realisieren – würde wohl eine Vertragsänderung erforderlich machen. So erschöpft sich auch die vorgeschlagene Interpretationserklärung in einer neuerlichen (systemisch-integrativen) Bezugnahme auf die Verpflichtungen der Vertragsparteien im Rahmen des Übereinkommens von Paris und ihre jeweiligen Klimaneutralitätsziele.

Auswirkungen der Interpretationserklärung auf den laufenden Ratifikationsprozess unabsehbar

Angesichts des dargelegten geringen funktionalen Mehrwerts darf ein Blick auf mögliche Kollateralschäden der Interpretationserklärung nicht ausbleiben.

Die Interpretationserklärung wird in den zuständigen Vertretungskörperschaften der Mitgliedsstaaten, deren Ratifikation noch aussteht, neuerliche Beratungsprozesse anstoßen, an deren Ende womöglich eigene Initiativen für Interpretationserklärungen stehen. Zudem erscheint es denkbar, dass die Interpretationserklärung Fragen über die parlamentarische Beteiligung an der Beschlussfassung in den Mitgliedsstaaten hervorruft und Anstoß für gerichtliche Verfahren gibt. Parlamente könnten in der Interpretationserklärung eine „versteckte“ Vertragsänderung erblicken und damit innerstaatliche Verfassungsgrundsätze wie das Demokratieprinzip ausgehöhlt sehen. Auch ein Vorabentscheidungsgesuch zum EuGH ist in diesem Kontext nicht ausgeschlossen. Weitere potenzielle Verzögerung des Ratifikationsprozesses verlangsamen die drängende handelspolitische Neuausrichtung der EU und senden zwiespältige Signale an zukünftige Verhandlungspartner. Auch Auswirkungen auf bestehende Freihandelsabkommen mit Singapur oder Vietnam sind nicht auszuschließen – entsprechende Bedenken wurden in EU-Kreisen laut. Für die EU kann das deutsche Vorgehen eigentlich nur eines bedeuten: zukünftig nur noch EU-only Abkommen abzuschließen, was freilich wichtige, in Handelsabkommen geregelte Aspekte ausklammern müsste. Dagegen ist nicht zu erwarten, dass die Interpretationserklärung in den kritischen Mitgliedsstaaten als Katalysator der ausstehenden Ratifikationsprozesse wirkt, da es ihr gerade nicht gelingt, größere Gewissheit zu vermitteln und damit mögliche Bedenken mit Blick auf die Investitionsschutzbestimmungen zu beseitigen.

 

 

Dieser Beitrag basiert auf einer im Rahmen der Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Bundestages zum CETA-Abkommen vom 12.10.2022 abgegebenen Stellungnahme, abrufbar unter: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw41-pa-wirtschaft-ceta-913482

Author
Steffen Hindelang

Prof. Dr. Steffen Hindelang (LL.M.) ist Inhaber der Professur für Internationales Investitionsrecht und Wirtschaftsrecht an der Universität Uppsala in Schweden. Er lehrt und forscht auf den Gebieten des internationalen Wirtschaftsrechts, des Unionsrechts und des deutschen öffentlichen Rechts. Er ist außerdem Dozent an der University of Southern Denmark und Lehrbeauftragter an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Technischen Universität Berlin.

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1 Comment
  1. Lieber Steffen, liebe Frau Nassl,
    da hier ja im Wesentlichen die Kritik wiedergegeben wird, die auch schon während der Bundestagsanhörung geäußert wurde, erlaube ich mir für die Leser*innen des Völkerrechtsblogs nur den kurzen Hinweis auf die Gegenposition(en): https://www.bundestag.de/resource/blob/915248/c3c14d8ef9bd0bebc966f666942b0e69/20-9-163_Stellungnahme-Krajewski_Anhoerung-am-12-10-2022-data.pdf
    Drei Punkte sind aber unabhängig davon wichtig:
    1. Die Ampelregierung setzt sich bekannternmaßen u.a. aus einer Partei, die im Wahlkampf klar FÜR eine CETA-Ratifizierung geworben und einer Partei, die klar GEGEN die Ratifizierung des CETA gekämpft hat, zusammen. Man sollte bei aller juristischer Exegese realpolitisch anerkennen, dass hier ein Kompromiss nötig war. Als Alternative stand im Raum: Keine Ratifikation oder eine Neuverhandlung des Abkommens. Wer von einer rot-gelb-schwarzen Mehrheit im Bundestag pro CETA geträumt hat, verkennt die Realitäten deutscher Politik.
    2. Die Auslegungserklärung ist eine Erklärung der Vertragsparteien selbst und keines unabhängigen Vertragsorgans, wie etwa eines Vertragsausschusses eines Menschenrechtsabkommens oder eines Gerichtshofs. Das ist ein wesentlicher Unterschied, der für die Frage der Abgrenzung von Änderung und Interpretation eine Rolle spielt: Es geht im Völkerrecht immer um den Willen der Vertragsparteien. Und der kann sich, wenn die Parteien das wollen, natürlich auch durch den Beschluss eines von ihren Vertreter*innen besezten Vertragsorgans artikulieren.
    3. “Recht ist Sprache ist ungenau” (Uwe Wesel 1992). Jede Auslegung einer unklaren Norm bedient sich weiterer abstrakter Rechtsbegriffe. Konkret ist immer nur die Rechtsanwendung.
    Herzliche Grüße
    Markus Krajewski

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