#31 UN-Behindertenrechtskonvention: Ableismus und Recht(-swissenschaft)
Die UN-Behindertenrechtskonvention gehört zu den jüngsten Instrumenten im Werkzeugkasten des Internationalen Menschenrechtsschutzes. Besonders ist sie nicht zuletzt deshalb, weil sie allgemein so verstanden wird, dass sie (primär) keine neuen Rechte einführt, sondern vor allen Dingen den Umfang bestehender Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen klarstellt. Erik Tuchtfeld hat mit Lys Kulamadayil zum einen über die UN-Behindertenrechtskonvention gesprochen, zum anderen aber auch einen kritischen Blick nach innen – auf diskriminierende Strukturen in der Rechtswissenschaft selbst – geworfen.
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Hintergrundinformationen:
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Deutsches Institut für Menschenrechte, Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention (mit Verweis auf die offizielle Übersetzung der UN-BRK sowie die Schattenübersetzung des Netzwerks Artikel 3)
Moderation: Erik Tuchtfeld, LL.M. (Glasgow) & Jan-Henrik Hinselmann, LL.M. (NYU)
Grundlagen: Dr. Isabel Lischewski
Interview: Dr. Lys Kulamadayil & Erik Tuchtfeld, LL.M (Glasgow)
Schnitt: Daniela Rau
Credits:
Erik Tuchtfeld ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht und leitet die humanet3-Forschungsgruppe. Er ist Redakteur beim Völkerrechtsblog.
Dr. Isabel Lischewski is an Editor and Podcast Co-Host at Völkerrechtsblog as well as a post-doctoral researcher focusing inter alia on gender, governance, and education in international and German public law at University of Münster.
Jan-Henrik Hinselmann is a doctoral candidate at Georg-August-Universität Göttingen and an editor at Völkerrechtsblog.
Viele Dank für die Beschäftigung mit diesem wichtigen Thema und die vielen guten und wichtigen Punkte!
Als Wissenschaftler und als behinderter Mensch, bin ich allerdings etwas irritiert, dass die Positionalität aller Beteiligten überhaupt nicht angesprochen wird. Behinderung wird durch Dritte oft auch nicht (an-)erkannt und niemand muss sich diesbezüglich offenbaren oder gar eine Diagnose oder wahlweise „traurige“ oder „inspirierende“ Geschichten teilen.
So entsteht allerdings jedenfalls bei mir der Eindruck, dass hier eine Gruppe von Menschen über das Thema spricht, die nicht im „üblichen“ Sinn von Behinderung betroffen sind. Dieser Eindruck setzt sich in den Show Notes fort.
Nur aus dieser Perspektive kann man auch von „entdecken“ sprechen. Der Begriff ist bereits im (Post-)kolonialen Kontext vielfach als problematisch identifiziert worden. Für behinderte Menschen ist der – auch rechtlich geprägte – Ableismus keine Entdeckung, sondern seit jeher Teil ihrer Lebensrealität.
Behinderte Menschen kämpfen schon lange gegen diese Strukturen (hier). Diese Kämpfe sind vielfach dokumentiert und haben sich auch im wissenschaftlichen Diskurs niedergeschlagen. Dass diese Beiträge – bis auf eine kurze Erwähnung von Theresia Degener – im Podcast keinen Platz gefunden haben, finde ich bedenklich. Schon ein Blick in Theresia Degeners Schriftenverzeichnis zeigt die Vielfalt bisheriger Forschung. Ähnliches zeigt der Blick zu Forschenden aus den genuin interdisziplinären Disability Studies, wie etwa Anne Waldschmidt (hier) oder den Forschenden bei ZEDIS (hier), um nur ein kleine (deutschsprachige) Auswahl zu nennen.
Lieber Felix,
vielen Dank für dein ausführliches und sehr hilfreiches Feedback (und entschuldige bitte die späte Antwort)!
Wir werden in der Podcastredaktion nochmal intensiver darüber sprechen, inwiefern wir unsere eigene Positionalität in zukünftigen Folgen stärker thematisieren. Unser Ziel war es auf jeden Fall, in dem Podcast auch – und insbesondere – die Perspektiven behinderter Menschen darzustellen, u.a. mit der Bezugnahme auf die Schattenübersetzung der UN-BRK und dem Verweis auf das Feld der critical disability studies sowie die Arbeit von Theresia Degener. Sowohl in der Podcastfolge selbst wie auch in der Shownotes hätten wir das aber noch prominenter machen sollen. Wir würden dies in Bezug auf letztere gerne nachholen und weitere einschlägige Literatur empfehlen. Gerne nehmen wir dabei deine Anregungen auf. Leider sind die hinterlegten Links im Kommentar aber entfernt worden. Könntest du sie nochmal separat posten (oder uns per E-Mail schicken)?
Vielen Dank auch für den Hinweis auf die problematische Verwendung von “entdecken” in diesem Kontext!