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Call for Abstracts – 65. Junge Tagung Öffentliches Recht

Funktion und Funktionalität des Rechts 

Globale und regionale Krisen, soziale und (geo)politische Spannungen, der sich verschärfende
Klimawandel und disruptive technologische Entwicklungen fordern das Recht heraus:
Angesichts multipler Krisen wird das Recht nicht nur als eine Rahmenordnung begriffen, sondern zunehmend als Mechanismus zur Steuerung gesellschaftlicher Akteur*innen verstanden. Gleichzeitig soll das Recht liberale Demokratien schützen, technologischen Fortschritt gewährleisten und gesellschaftlichen Wandel ermöglichen, ohne seine Kontur zu verlieren. Inwiefern kann das Recht heute und in Zukunft den inneren und äußeren Frieden sichern, die Freiheit schützen und ihre Bedingungen nachhaltig gewährleisten? Immer drängender steht die
Frage im Raum: Was kann, was darf und was soll das öffentliche Recht leisten?

Vor diesem Hintergrund widmet sich die 65. Junge Tagung Öffentliches Recht der Funktion und
Funktionalität des Rechts: Welchen Beitrag soll das Recht zur Bewältigung der Probleme unserer
Zeit leisten? Wo liegen die Grenzen seiner Wirkmacht? In welchem Rahmen kann das Recht
schließlich seine Funktionen angemessen erfüllen?

Ziel der Tagung ist es, aktuelle Entwicklungen aufzugreifen, eine kritische Auseinandersetzung
mit dem Recht zu ermöglichen, aber auch klassische Fragestellungen des öffentlichen Rechts zu
behandeln. Dies soll im Rahmen der folgenden Themenbereiche geschehen:

1. Idee und Anspruch

In einer von Krisen und Gewissheitsverlusten geprägten Welt ist immer wieder neu zu
verhandeln, welchen Anspruch das Recht besitzt und welches Ziel es verfolgt; auf welchem
gesellschaftlichen, historischen, theoretischen und dogmatischen Fundament es steht. Dieses
Fundament wird teilweise offen infrage gestellt. Ein Aspekt dieses Diskurses ist z. B. die Rolle des
Rechts als Instrument zur Sicherstellung von Resilienz. Dabei geht es nicht nur um die
Anpassungsfähigkeit demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen zum Schutz der
Rechtsordnung selbst, sondern auch um die Sicherstellung gesellschaftlicher Resilienz.

  • Wen soll das Recht ermächtigen? Wovor soll es schützen? Wessen Macht soll es
    begrenzen?
  • Soll das Recht, und wenn ja, wie, ebenso als Instrument zur Steuerung und Kontrolle oder
    gar Erziehung von Gesellschaften fungieren?

Dieser Themenblock eröffnet die Möglichkeit, die Anforderungen an das Recht unter den
Bedingungen multipler Krisen zu beleuchten und hierbei z. B. die Frage der Resilienz aus
unterschiedlichen Blickwinkeln – national, international, sozial, ökologisch oder ökonomisch – zu
betrachten. Es eröffnet gleichzeitig aber auch die Möglichkeit, sich (macht)kritisch mit den
Fundamenten des öffentlichen Rechts auseinanderzusetzen und dessen Grundlagen und
Ideengeschichte zu hinterfragen.

2. Möglichkeiten und Grenzen

Das öffentliche Recht soll steuern, regulieren und kontrollieren. In Zeiten, in denen die
gesellschaftlichen Erwartungen an das Recht steigen, stellt sich einerseits die Frage, inwieweit
das Recht moralische Maßstäbe in rechtlich verbindliche Normen überführen kann. Andererseits
bleibt klärungsbedürftig, was das Recht angesichts zunehmender “kalkulierter Rechtsbrüche”
überhaupt zu leisten vermag. Auf allen Ebenen des Rechts sieht sich die Rechtsordnung
praktischen Vollzugsschwierigkeiten ausgesetzt.

  • Welche Rolle spielt das Recht als Ordnungsrahmen? Kann es Verhaltensweisen sowohl
    von Einzelnen als auch von Staaten beeinflussen und wie weit darf es dabei gehen? Kann,
    und wenn ja, wie, das Recht (national oder international) zur Eindämmung und
    Deeskalation von Konflikten und Kriegen beitragen und auf soziale Ungleichheiten sowie
    ihre Folgen reagieren?
  • Inwiefern kann das Recht moralisch-ethische Werte und Erwartungen – etwa in Bezug
    auf den Umgang des Menschen mit seiner Umwelt – in verbindliche Normen überführen?
    Inwieweit kann Recht effektiv zur Bekämpfung von Diskriminierung wie Rassismus,
    Antisemitismus oder Sexismus beitragen? Wie schafft Recht gesellschaftliche Realität
    und wie wirkt Normativität im und durch das Recht?

Dieser Themenblock analysiert die Leistungsfähigkeit des Rechts im Spannungsverhältnis von
staatlicher Steuerung und individueller Freiheit. Das gibt auch interdisziplinären Perspektiven
Raum, die die (begrenzte) Wirkungsmacht des Rechts untersuchen und die Bedeutung nicht-
juristischer normativer Ordnungen beleuchten.

3. Rahmen und Akteure

Die rechtspolitische Entscheidungsfindung schien sich in der Vergangenheit verstärkt auf die
supranationale und internationale Ebene verlagert zu haben. Unter dem Einfluss des
erstarkenden Nationalismus scheint sich dieser Handlungsrahmen jedoch wieder zu
verschieben. Unabhängig davon wird gegenwärtig vermehrt eine Stärkung regionaler und
kommunaler Entscheidungsstrukturen eingefordert – auch um dem Bedürfnis nach einer
stärkeren gesellschaftlichen Partizipation Rechnung zu tragen.

Ein Ausdruck dieses Partizipationswillens ist die verstärkte zivilgesellschaftliche Mitgestaltung der
Rechts(fort)entwicklung, insbesondere durch strategische Prozessführung auf nationaler und
internationaler Ebene. Gleichzeitig stellt sich die Frage, inwieweit das öffentliche Recht auch
außerhalb des demokratisch legitimen Prozesses – etwa von transnationalen Unternehmen
oder de facto Regimen – beeinflusst und gestaltet wird. Dies wirft die Überlegung auf, durch wen
und wie das öffentliche Recht entsteht und entstehen soll.

  • Welche Akteure wirken (wie) an den Rechtssetzungsprozessen mit?
  • Wie beeinflusst die Verschiebung von Entscheidungsprozessen auf die internationale und
    regionale Ebene das öffentliche Recht?
  • Wie wirkt sich die zunehmende Regionalisierung auf die Handlungsfähigkeit nationaler Rechtsordnungen aus? Und welche Rolle spielen dabei lokale Akteure in der Umsetzung europa- und völkerrechtlicher Vorgaben?

Dieser Themenblock lädt ein zur Diskussion, in welchem Rahmen und mittels welcher Akteure
das Recht die ihm zugedachten Funktionen erfüllen kann. Hierzu können Verzahnungen aller
Rechtsebenen vom Kommunal- bis zum Europa- und Völkerrecht sowie der Umgang mit den
durch Internationalisierung und Regionalisierung entstehenden Herausforderungen für das
Recht beleuchtet werden.

Wir laden Wissenschaftler*innen ein, Abstracts (maximal 4.000 Zeichen, inkl. Leerzeichen), die
sich auf die genannten Themenbereiche beziehen, bis zum 28. Februar 2025 über unser
Formular einzureichen.

Beiträge können interdisziplinäre Perspektiven oder klassische rechtsdogmatische Probleme,
theoretische Grundlagen oder praxisnahe Fragestellungen behandeln. Die Auswahl erfolgt im
Double-Blind-Peer-Review-Verfahren voraussichtlich bis zum 20. April 2025. Wir freuen uns
insbesondere über Einreichungen von FINTA*-Personen, Menschen, die sich als migrantisiert
verstehen oder von Rassismus betroffen sind, Menschen mit Behinderungen,
Erstakademiker*innen oder von Menschen, die auf sonstige Weise in den Rechtswissenschaften
noch immer unterrepräsentiert sind, und berücksichtigen diese im Auswahlverfahren
besonders. Für Referierende entfallen die Tagungsgebühren; Fahrt- und Übernachtungskosten
werden übernommen.

Details
Organisation: Junge Tagung Öffentliches Recht
Deadline: 28/02/2025
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